Und warum ist “Na gut, dieser eine noch!” die richtige Antwort?
Test von Alexander Bohn-Elias Stellv. Chefredakteur
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Kompetenter und hübscher Retro-Shooter mit tollen Splatter-Effekten und ordentlichem Umfang. Nicht alle Waffen sind gleich nützlich und die Wegführung und Encounter-Design manchmal verwirrend.
Wo kommen sie eigentlich gerade alle her, diese sogenannten Boomer-Shooter? Jene Sorte Ballerspiel, die haargenau auf die ästhetischen Sensibilitäten derjenigen abzielt, die Mitte bis Ende der Neunziger spielerisch sozialisiert wurden? All die Amid Evils, Cultics, Forgive Me Fathers, HROTs, Ion Furys und Prodeuse (Prodei… Prodae?), die von Doom über Quake bis Unreal und Heretic viele alte Shooter-Größen nachahmen, drohen mich gerade ein wenig zu übermannen. Um ehrlich zu sein: So gut sie für sich genommen sind: So langsam darf es das auch mal wieder gewesen sein.
Okay, dieser eine geht noch, denn so schick, wie man sich hier als Space Marine durch fein gepixelte 40K-Warhammer-Sprites metzelt, das macht schon eine Menge Spaß, denn gerade die Gore-Technologie, die dem Ganzen zugrunde liegt, ist nicht von schlechten Eltern. Ich würde sagen, Prodeus liegt noch eine Stufe darüber, aber es ist schon arg befriedigend, wie hier alle Gekreuch auf Beschuss reagiert, während man Häretiker mordend förmlich durch die Arenen fliegt. Trotz der schweren Stiefel, die den kompletten Bildschirm mit jedem Schritt erschüttern lassen – ein visueller Effekt, den man auch abstellen darf, wenn er einem zusetzt.
Es stimmt schon: Bei dem Tempo, das Boltgun geht, fällt es schwer, das Spiel nicht zu mögen. Zumal Entwickler Auroch und Publisher Focus für knapp 20 Euro mit dem Umfang nicht geizen. Und doch macht es mir am meisten Spaß, wenn ich nur ein, zwei Level spiele und dann einen Tag Pause mache. Die Kampfdynamik ist arg gleichbleibend, die Orchestrierung der Gegner-Begegnungen ein wenig konfus und über die Stränge schlagend, was okay ist, Boltgun aber auch von höherem abhält. In den größeren Räumen verliert man stellenweise auf der Suche nach dem Trigger für die nächste Feindwelle oder den letzten verirrten Nurgling die Orientierung. Allgemein hätte dem Spiel eine Karte gutgetan, denn nicht immer ist die Wegführung komplett optimal.
Überhaupt gibt es hier und da ein paar Problemchen mit dem Pacing. Die titelspendende Boltgun ist nicht nur die mehr oder weniger beste Waffe im Spiel (weshalb sie es ist, der ich grundsätzlich die vorübergehende Maschinengeist-Verbesserung spendiere, wenn ich eine finde), ihr benutzt sie auch so schon die meiste Zeit, weil ihr in jedem der drei Kapitel euer Arsenal von Neuem aufbauen müsst. Ihr fangt also stets mit ihr an und seid allein deshalb so gut wie verheiratet mit dem Ding, was wiederum die Namenswahl des Spiels sehr sinnig erscheinen lässt. Gleichzeitig vergehen schon mal lange Strecken, in denen ihr keine neue Waffe findet. Auch das fühlt sich manchmal seltsam an.
Aber wann immer man dann mal wieder mit dem Sprint und dem Kettensägenschwert zuerst in seine Feinde hineinrennt und die V-Taste malträtiert, um widerborstigeren Kreaturen fleischig-gekrösige Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen, vergisst man die unrunden Seiten, die Boltgun bisweilen von sich zeigt. Das ist alles schon extrem gekonnt gemacht und in seiner visuell vorlagengetreuen Aufmachung einfach auch hübsch-hässlich anzusehen. Ich suche in den verwinkelten Levels nicht nur gern nach den verschiedenfarbigen Schlüsseln, sondern auch nach dem regelmäßig guten halben Dutzend an Geheimnissen, die Entwickler Auroch gut versteckt hat. Wer sieht in der Level-Entabrechnung schon gerne ein “5/7 Secrets” oder eine Monster-Mordrate unterhalb der 100 Prozent?
Ich mag, wie schnörkellos das alles ist, auch wenn das ja gewissermaßen in dieser Art von Game eingebaut ist: Über Kimme und Korn zielt ihr nicht, Boltgun will lieber, dass ihr die rechte Maustaste für euer Kettensägenschwert reserviert. Auch in Sachen Bewegung hielt man es einfach. Wuer Sprint ist unendlich, aber der auf F liegende Superspurt ist nichts, was man optional auch in der Luft hinlegen könnte, um über eine Schlucht zu huschen. Stattdessen könnt ihr an dessen Ende die Leertaste drücken und euren mächtigen Space-Marine-Körper ein wenig weiter durch die Lüfte befördern. Mehr gibt es eigentlich kaum zu wissen über dieses Spiel.
Wer mag, kauft Warhammer 40.000: Boltgun für PC auf Steam, im PlayStation Store für PS4 und PS5, im Microsoft Store Xbox One und Series Konsolen oder im eShop für Nintendo Switch.
Warhammer 40.000: Boltgun Test – Fazit
Boltgun ist eines dieser Spiele, die solide genug sind, dass die Kaufberatung denkbar einfach ausfällt: Sieht ein auf Mobilität setzender Retro-FPS im Warhammer 40K-Universum für euch nach etwas aus, auf das ihr gern zehn bis zwölf Stunden eurer knappen Freizeit werft, ist es fast ausgeschlossen, dass ihr hiermit etwas falsch macht. Gleichzeitig zeigt diese Sorte Rückschau in eine einfachere Zeit so langsam ihre Limitationen. Bei mir machen sich definitiv erste Abnutzungserscheinungen bemerkbar, weshalb ich dann in vereinzelten Situationen, in denen mir nicht ganz klar ist, warum es in einem weitläufigen Mordsareal gerade einfach nicht weitergehen mag, vermutlich etwas schneller die Geduld verliere. Dennoch: Ein schönes Spiel und ich bin gespannt, was Auroch als nächstes in die Hand nimmt.
Warhammer 40.000: Boltgun | |
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